Bericht von

Edith Brickell

Edith Brickel war 1938 fünfzehn Jahre alt und fragte sich später, warum ihre Eltern die Bedrohung durch die Nazis unterschätzten.

Edith Teller Brickell im Rudolfspark in Wien (Wien 1939)

„…als er nach einer Nacht nach Hause kam, waren seine Haare schneeweiß.“

„Die Firma meines Vaters wurde 1938 sofort arisiert, und ich durfte nicht mehr in die Schule gehen. Am 10. November 1938 nach dem Pogrom wurden mein Vater und mein Bruder Gustl verhaftet. Meinen Vater brachte man in die Kenyongasse in eine Schule, und als er nach einer Nacht nach Hause kam, waren seine Haare schneeweiß. Gustl wurde nach Dachau deportiert. Dass meinem Vater damals nicht das Licht aufgegangen ist, das kann man heute nicht verstehen. Vielleicht deshalb nicht, weil man ihn wieder nach Hause geschickt hat. Ich denke auch, mein Vater war schon müde. Er war als junger Mann nach Japan gegangen, dann nach Wien gekommen; vielleicht wollte er nicht noch einmal weggehen und wieder von vorn beginnen. 

„Dass meinem Vater damals nicht das Licht aufgegangen ist, das kann man heute nicht verstehen.”

Was passierte, war zwar alles sehr bedrohlich, aber trotzdem glaube ich heute, dass meine Eltern die Gefährlichkeit der Situation, die Gefahr für das Leben, nicht erkannten. Mein Vater sagte einmal, ich kann mich genau erinnern: ‚Ich hab nie einem Menschen etwas Böses getan, man wird mir auch nichts Böses tun‘. Das war seine Einstellung. Meine Mutter, glaube ich, wäre nicht ohne ihre Mutter aus Wien weggegangen. Aber meine Eltern wollten, dass ich und meine Brüder erst einmal wegfahren.
Edith Brickell im Originalton (Quelle: Centropa)
Großes Foto oben:

Edith Teller Brickell mit ihrer Familie in Bad Gastein

Foto aufgenommen in:

Österreich (1933)

Interviewte Person:

Edith Teller Brickell

Zeitpunkt des Interviews:

2002

Interviewerin:

Tanja Eckstein

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Das Foto im Hintergrund zeigt ein zerstörtes Schuhgeschäft in Wien am 10.11.1938
(Foto: Wiener Library/DöW F. Nr. 6392)

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