Bericht von
Sophie Hirn
Sophie Hirn war neun Jahre alt, als sie die Pogromnacht erlebte. Sie berichtet, wie ihre Ausgrenzung durch die Nazis letztlich ihre Beziehung zur jüdischen Tradition stärkte.
„Sie zerschlugen alle Gläser, alle Spiegel – alles.“
„Am 10. November, in der Pogromnacht, drangen acht Männer in unsere Wohnung ein. Ich war mit der Großmutter allein, meine Mutter kam später nach Hause. Sie zerschlugen alle Gläser, alle Spiegel – alles. Ich ging dann einige Tage zu meiner Tante Hulda und dem Leopold, bis die Glasscherben halbwegs weggeräumt waren.
Ich musste, wie alle jüdischen Kinder in eine jüdische Schule. Ich ging in eine Schule in der Castellezgasse. Es war keine richtige Lernstimmung dort, wir wurden immer weniger Schüler, eine fuhr nach Palästina, andere sind sonst wohin ausgewandert. Wir sprachen viel untereinander und auch mit den Lehrern über Emigration.
„Zu Hause begannen wir, unter meinem Einfluss, ein traditionelles jüdisches Leben zu leben”
In dieser Zeit hatte ich einen sehr intensiven Religionsunterricht, und dadurch bekam ich das erste Mal eine Beziehung zur jüdischen Tradition, die uns sehr nahe gebracht wurde; wir feierten auch die jüdischen Feste. Über Purim wurde uns viel erzählt. Das hat mir sehr imponiert die ganze Geschichte von Esther und von Haman. Zu Purim 1938 schrieb ich ein ganz langes Gedicht.
Zu Hause begannen wir, unter meinem Einfluss, ein traditionelles jüdisches Leben zu leben. Meine Großmutter kannte sich in der Tradition aus, und wir feierten dann auch den Seder, aber das war nur ein einziges Mal, und wir zündeten zu Chanukka Chanukka-Kerzen an.
Großes Foto oben:
Sophie Hirn in Wien mit Kindern ihrer Volksschulklasse
Foto aufgenommen in:
Wien (1936)
Interviewte Person:
Sophie Hirn
Zeitpunkt des Interviews:
2003
Interviewerin:
Tanja Eckstein
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