Zeitzeugenbericht von

Kitty Schrott

1938 war Kitty Schrott erst vier Jahre alt und setzte sich über die neuen Verbote hinweg – ohne davon zu wissen.
Kitty Schrott, ihr Vater Karl Drill und Inge Hauser 1939 im Prater in Wien

„Ich wusste natürlich nicht, dass wir etwas Verbotenes tun.“

„Wenn ich mit meinem Vater oder Großvater unterwegs war, durfte ich bei Ansammlungen nie stehen bleiben. Es gab Militärparaden, da sah man zu, dass man nicht dabei war oder möglichst nicht auffiel. Einmal kam meine Mama nach Hause und erzählte, dass Juden den Gehsteig säubern mussten und sie gerade noch daran vorbeigekommen war. Man durfte als Jude nicht mehr in die meisten Parkanlagen, auch nicht in den Prater.

Liese, die Tochter von Michael und Lotte Eisinger, war sehr hübsch, ungefähr 20 Jahre alt und sah überhaupt nicht jüdisch aus. Sie ging mit mir schon vor 1938 ins Kino, und wir sahen einen Film mit Shirley Temple – das war mein erster Kinofilm. Liese ging, trotz Verbot für Juden, mit mir in den Prater Ringelspiel fahren. Ich wusste natürlich nicht, dass wir etwas Verbotenes tun. Alle waren glücklich, als wir wieder gesund zurück waren.

„Ich habe mit einer gewissen Angst gelebt, aber ich verstand natürlich nicht, was da los war.”

Mit meinem Vater waren meine Cousine Inge und ich auch gemeinsam im Prater, aber da hat uns niemand erkannt. Mein Großvater ging einmal mit mir auf der Hauptallee im Prater, da wurden wir aber verjagt, daran erinnere ich mich, ich war damals fünf Jahre alt. Ich habe mit einer gewissen Angst gelebt, aber ich verstand natürlich nicht, was da los war.
Großes Foto oben:

Kitty Schrott und ihre Mutter Etel Drill

Foto aufgenommen in:

Laa/Thaya, Österreich, 1935

Interviewte Person:

Kitty Schrott

Zeitpunkt des Interviews:

2005

Interviewerin:

Tanja Eckstein

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Das Foto im Hintergrund zeigt ein zerstörtes Schuhgeschäft in Wien am 10.11.1938
(Foto: Wiener Library/DöW F. Nr. 6392)

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